Herzlichen Dank, Marianne Rohrer, für 25 Jahre Organisation der Treffen für Witwen und alleinstehenden Frauen in Obwalden!

Anlässe für Witwen- und alleinstehende Frauen in Obwalden 

80% der verwitweten Personen sind Frauen, in der Schweiz sind dies ungefähr 320’000 Witwen. In Obwalden gibt es für sie seit rund 30 Jahren die Treffen für Witwen- und alleinstehende Frauen. Für die Organisation der drei immer grösseren Anlässe wurde Marianne Rohrer angefragt. Sie sagte mal für ein Jahr zu und wollte danach das Amt wieder weitergeben. Doch aus dem einen Jahr wurden gleich ein Vierteljahrhundert!

 

In den 25 Jahren als Leiterin der Organisation erlebte Marianne viele Herausforderungen. Kaum war sie in den erweiterten Vorstand gewählt, traten alle anderen Vorstandsmitglieder zurück. Als Startkapital wurden ihr 35 Franken in Bar und 45 Franken in Briefmarken überreicht. Unterstützung erhielt sie jeweils von ein bis zwei Ortsvertreterinnen. Diese hatten die Aufgabe, die Einladungen zu Fuss oder mit dem Velo zu verteilen und Anmeldungen entgegenzunehmen. In den Anfangsjahren waren die Hürden, in den Kreis der handverlesenen Witfrauen zu kommen hoch. Willkommen waren Frauen mit Rang und Namen. Doch schon Mariannes Vorgängerin Rita öffnete den Kreis, die Anlässe wurden öffentlich. Leider bekam Rita böse Anschuldigungen aus eben dieser Öffentlichkeit zu spüren. Weil sie selber keine Witfrau sei, hätte sie keine Ahnung, Witfrauenanlässe zu organisieren. Sie gab dann auch das Ämtli wieder ab.

Mit drei Anlässen aus der Isolation

Verheiratete Frauen waren früher nicht alleine unterwegs. Sie blieben zu Hause bei ihrer Familie, lediglich Anlässe vom Frauenverein besuchten sie. Wenn diese Frauen plötzlich alleine dastanden, war es ein grosser Schritt, alleine etwas zu unternehmen. Hier setzten die drei organisierten Treffen im Jahr an. Am Besinnungstag gibt es neben einem Mittagessen und Gottesdienst auch einen Vortrag zu einem Überraschungsthema. Lange Zeit fand dieser im Paxmontana in Flüeli-Ranft, später im Altersheim Felsenheim in Sachseln statt. Der Unterhaltungsnachmittag erheitert nach einem Mittagessen mit volkstümlicher Musik oder Schlager zum Mitsingen und Tanzen. Der dritte Anlass ist die Wallfahrt nach Einsiedeln. Waren es zu Beginn 30-35 Frauen, füllten sie mit der Zeit bis zu drei Cars. Die Höchstzahl waren 125 Frauen. 2019 pilgerten noch 75 Frauen nach Einsiedeln, 2020 und 2021 konnte die Fahrt wegen Corona nicht durchgeführt werden.

 

Angebotserweiterungen wurden diskutiert

Auch neue Angebote wurden geprüft, beispielsweise Lotto. Weil aber eine Bewilligung erforderlich war und wegen der Preise schon im Vorfeld Reibereien beobachtet wurden, sahen die Frauen wieder davon ab. Die Frage, ob Männer eingeladen werden sollen, wurde diskutiert. Jemand besuchte deshalb das Seniorentanzen in Sarnen und erlebte dort den Streit zweier Frauen um einen Tanzpartner. Die Organisatorinnen wollten keine Eifersüchteleien an ihren Anlässen, einige hätten sogar ihr Amt abgegeben. Ein Pfarrer wollte etwas Ähnliches für Männer gründen, das kam aber nie zustande. Trotz finanzieller Schwierigkeiten war es nie ein Thema, die moderaten Preise anzuheben. Es gibt Frauen, die vermögen nur einen Anlass. Mehrmals wurde der Ausflug zum Kurzurlaub verlängert. Dadurch kam eine Frau zu ihren ersten Ferien, zum ersten Hotelaufenthalt überhaupt.

 

Wer deckt das Defizit?

Zu Beginn ihres Engagements gab es keinerlei finanzielle Unterstützung vom Frauenbund. Über Jahre versuchten Marianne und ihre Mitorganisatorinnen in den Ortsvereinen mit den bescheidenen Beiträgen der Teilnehmerinnen auszukommen. Jedoch musste immer mal wieder damit gerechnet werden, dass nicht alle Angemeldeten kommen würden. In einem Jahr mussten sich von gut 100 angemeldeten 25 wegen einer starken Grippewelle kurzfristig abmelden. Nach solch defizitären Anlässen fragten die Organisatorinnen bei Pfarreien und Geschäftsleuten für einen Zustupf an. Fehlbeträge deckten sie selbst. Erst später beteiligte sich der Kantonalverband mit jährlich 200 Franken, danach 1000 Franken, welche als Sicherheit genutzt wurden.

 

Gefragt zum Zuhören und Ratschläge erteilen

Marianne hat in all den Jahren viel gelernt, viel Menschenkenntnis erhalten, erwarb sich das Vertrauen von vielen Leuten, die plötzlich anriefen und ihren Rat suchten. Beispielsweise eine Frau mit krebskrankem Sohn, wünschte sich nach Flühli zu fahren. Marianne begleitete sie, anschliessend auch noch ins Spital. Dies erleichtere der Frau, Abschied von ihrem Sohn zu nehmen. Auch heute noch hat Marianne mit vielen Kontakt.

 

 

Eine Nachfolgerin für Marianne zu finden war nicht einfach. Jetzt liegt die Organisation der Anlässe beim Kantonalverband und Ortsvertreterinnen verteilen das Programm und nehmen Anmeldung entgegen.

Erinnerungen aus 25 Jahren Organisation der Treffen für Witwen- und alleinstehende Frauen

·        Mit den vielen organisierten Anlässen und daraus entstandenen Kontakten stärkte sich Mariannes Selbstwertgefühl. Einmal fühlte sie sich speziell gefordert, wünschten die Frauen doch einen Referenten, der zweifacher Doktor war. Auf ihre Anfrage für ein Referat sagte er zu und wünschte sich vorab ein Gespräch. Schon viel zu früh war Marianne vor dem Restaurant. Als sie auf den abgemachten Zeitpunkt hineinging, bemerkte sie, dass der Theologe bereits dort war. Vor ihm war ein gut gefüllter Aschenbecher. Diese Beobachtung erleichterte sie, damit spürte sie, dass ihr studiertes Gegenüber auch ein Mensch ist.

·        Speziell gefordert waren die Organisatorinnen, wenn ein Referent wenige Tage vor dem Besinnungstag absagen musste. Schnell brauchte es dann eine Alternative. Der kurzfristig angefragte Pfarrer aus Kerns konnte eigentlich nicht einspringen, hatte er doch für diesen Tag seiner Köchin Unterstützung zugesagt, wenn zu ihrem 80. Geburtstag die ganze Verwandtschaft komme. Trotzdem sprang er für eine halbe Stunde ein. Es gab auch glückliche Wendungen, ein Pfarrer sagte gleich umgehend zu, er hatte sogar per Zufall einen passenden Vortrag in der Schublade.

·        Ein Pater erzählte von seiner Zeit im Gymnasium war, eine Klosterfrau mochte ihn überhaupt nicht. Sie bemerkte, dass er Blaukabis nicht ausstehen kann und schaffte es immer wieder, dass genau solcher auf seinem Teller landete. Ausgerechnet Blaukabis war an jenem Tag die Beilage des Menüs. Marianne schaffte es, für den Pater einen Teller mit einem anderen Gemüse zu organisieren.

·        Die Padres in Einsiedeln schätzten die Besuche der Frauen aus Obwalden, offenbar waren sie grosszügige Spenderinnen und kauften alle Holebänze, das Einsiedler Pilgergebäck. In den ersten Jahren war die Messe in der öffentlichen Krypta. Weil von Jahr zu Jahr mehr Frauen teilnahmen, gab es zu wenig Platz. Deshalb durften sie ins Oratorium und hielten dort ihren eigenen Gottesdienst ab. Bei der ersten separaten Messe wies ihnen ein älterer Pater an der geschwungenen Treppe den Weg. Nachdem die 125 Frauen an ihm vorbeigezogen waren, murmelte er: «Jesses, was habt ihr Frauen denn mit all euren Männern gemacht?»

 

 

Marianne wurde vor 31 Jahren Witwe, ihre Söhne waren damals 16 und 21 Jahre alt. Auch sie war bis zu diesem Zeitpunkt nie alleine in einem Restaurant. Um ihren beiden Söhnen zu zeigen, dass sie sich ihretwegen keine Sorgen machen müssen, änderte sie dies. Auch den Führerausweis machte sie. Für die Organisation des Witwentreffs kaufte sie sich einen Computer und brachte sich das nötige Wissen bei. Sie lebt in Giswil, sammelt Engel und fotografiert gerne, produziert Grusskarten und Bildkalender.

Text und Interview von Andrea Huber SKF